Studie zur Zukunft der Gasnetze - Umnutzung und Außerbetriebnahme

Prognose Diagramm

Im Zuge der Wärmewende wird über die Rolle von Wasserstoff und die Zukunft der Gasverteilnetze intensiv diskutiert. Spätestens 2045 soll kein fossiles Gas mehr durch die 330.000 km langen Gasverteilnetze fließen, die zurzeit noch jede zweite Wohnung in Deutschland zur Wärmeversorgung beliefern. Eine vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Auftrag gegebene Studie der Rechtsanwaltskanzlei Becker Büttner Held zeigt vier Zukunftsszenarien für die Nutzung der Gasnetze auf und adressiert den Handlungsbedarf auf Bundes- und EU-Ebene.

Ziel der Studie ist, aufzuzeigen, bei welchen Regelungen auf Bundes- und EU-Ebene konkret Anpassungsbedarf besteht: je nach künftigem Nutzungsszenario zum Beispiel bei den Regelungen zu Netzentgelten, der Anschluss- und Versorgungspflicht, Abschreibungen, Nutzungsdauer, bei der Eigenkapital-Verzinsung, bei der Finanzierung, bei Konzessionsverträgen und Entflechtungsregeln.

Die Nutzungsszenarien umfassen

  1. Die Nicht- bzw. reduzierte Nutzung der heutigen Erdgasnetze
  2. Eine Andersnutzung der heutigen Erdgas-Assets, z. B. für Wasserstoff, Systemintegration oder Resilienz
  3. Eine Weiternutzung mit Gasen, für die es keiner technischen Anpassungen des heutigen Erdgasnetzes bedarf (Nutzung weiterhin methanbasiert, d.h. mit Erdgas, Biomethan, methanisierter Wasserstoff, oder einem Methan-Wasserstoff-Gemisch)
  4. Eine Mischung aus Nutzungsvarianten A-C innerhalb eines Netzes

Allgemein gültige Prognosen wagen die Autoren vor dem Hintergrund einer vorherrschenden Grundunsicherheit nicht. Sie gehen daher davon aus, dass sich jedes Gasverteilnetz individuell entwickeln wird.

Zu den Lösungsvorschlägen für eine Weiterentwicklung des rechtlichen und regulatorischen Rahmens schlägt die Studie vor:

  • Die Kommunale Wärmeplanung (KWP) künftig als zentrale Stellgröße für die Weiterentwicklung der Regulierungen zu nutzen. Energie-Quellen, Infrastrukturen und Verbrauch genauso wie der energetische Zustand des Gebäude-Bestands ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Folglich sollten auch die Entscheidungen zur Strategie für eine klimaneutrale Wärmeversorgung vor Ort getroffen werden. Die KWP kann als Kenngröße und Benchmark verstanden und genutzt werden. Und Netzbetreiber, -Nutzer und Bürgerinnen und Bürger sollten sich darauf langfristig verlassen können.
  • Die Netzregulierung flexibel anzupassen, um den Wandel der Gasnetze für alle tragbar zu gestalten. Beispiel: Sollte der Betrieb des Gasnetzes ganz oder teilweise auslaufen und auf Fernwärme oder Wärmepumpe umgestellt werden sollen, sollten auch die Abschreibungsdauern flexibel verkürzt werden können.
  • Wer heute Gasnetze betreibt, soll morgen Wasserstoffnetze betreiben dürfen. Auf EU-Ebene plant die Kommission das Unbundling der Gas- und Wasserstoffnetze, also der eigentumsrechtlichen Trennung des Wasserstoff- und Gasnetzes auf Verteilnetzebene. Damit würden unnötige bürokratische Hürden errichtet und effizienter Netzbetrieb verhindert. Besser wäre es, die schon bei Strom- und Gasnetzen bewährte Unterscheidung zwischen Fernleitungsbetreibern und Verteilnetzbetreibern zu erhalten.
  • Reserve statt Rückbau: Nicht länger genutzte Gasnetze sollten auch in einen Reservebetrieb gehen können. Das ließe Möglichkeiten für die Zukunft offen, und würde die Resilienz stärken. Rückbau- und dann Wiedererrichtungskosten würden damit vermieden.

Anmerkung:

Die Ergebnisse der Studie zur Transformation der Gasnetze sind grundsätzlich zu begrüßen. Die Problematik der Gaskonzessionsverträge darf hier jedoch nicht vergessen werden. Bund und Länder sind aufgefordert, die erheblichen Rechts- und Finanzierungsunsicherheiten für den Gasnetzbetrieb zeitnah aufzulösen. Aus kommunaler Sicht ist eine Übernahme der Risiken für die Gasleitungsnetze durch die Städte und Gemeinden und auch eine Übernahmepflicht des Gasnetzbetriebs deutlich abzulehnen.

Weitere Informationen:

BBH-Studie: www.vku.de (Themen / Infrastruktur und Dienstleistungen / Gasnetze)

28.07.2023